OLG Hamm zur urheberrechtlichen Erschöpfung im Softwarerecht
Das OLG Hamm hat mal wieder eine Entscheidung im Softwarerecht veröffentlicht. In seiner Entscheidung hat der 12. Senat AZ: 12 U 115/12 folgende Leitsätze veröffentlicht:
1. Ein Leasinggeber ist trotz leasingtypischer Abtretungskonstruktion berechtigt, Schadensersatzansprüche aus der Verletzung der Pflicht zur Eigentumsübertragung geltend zu machen.
2. Beim Finanzierungsleasinggeschäft überträgt der Lieferant zumindest stillschweigend auch das Vermietungsrecht auf den Leasinggeber.
3. Wird Standardsoftware im Rahmen eines Kaufvertrags überlassen, ist der Verkäufer zur uneingeschränkten Übertragung des Eigentums verpflichtet.
4. Die in Lizenzbedingungen des Herstellers vorgesehenen Einschränkungen der Eigentumsrechte des Käufers werden so¬wohl als überraschende als auch als Abweichung vom urheberrechtlichen Leitbild der §§ 17 Abs. 2, 69c Nr. 3 UrhG (Erschöpfungsgrundsatz) und den wesentlichen Rechten und Pflichten eines kaufvertraglich ausgestalteten Softwareüberlassungsvertrages nicht Vertragsbestandteil bzw. sind unwirksam.
5. Bei einem Finanzierungsleasinggeschäft über Standardsoftware begründet das Bestreiten des Eigentums des Leasinggebers an der Software durch den Lieferanten unter Bezug auf Lizenzbedingungen des Herstellers keinen Schadensersatzanspruch aus den §§ 282, 241 Abs. 2 BGB.
Das Gericht stellt zur urheberrechtlichen Erschöpfung klar:
„Aber auch im Falle ihrer förmlichen Einbeziehung wären die Lizenzbedingungen des Softwareherstellers, die unter Ziff. 1.A. die Gewährung eines nicht übertragbaren Nutzungsrechts vorsehen, welches überdies räumlich beschränkt und auch im Übrigen begrenzt ist, nicht wirksamer Kaufvertragsbestandteil geworden.
Die in den Lizenzbedingungen vorgesehenen Einschränkungen sind sowohl als überraschende Klauseln gemäß den §§ 305 Abs. 1, 306 Abs. 1 BGB als auch als Abweichung vom urheberrechtlichen Leitbild der §§ 17 Abs. 2, 69c Nr. 3 UrhG und den wesentlichen Rechten und Pflichten eines kaufvertraglich ausgestalteten Softwareüberlassungsvertrages gemäß den §§ 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1, 306 Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden bzw. unwirksam (vgl. dazu die Nachweise bei: H. Beckmann, Finanzierungsleasing, a.a.O., § 12 Rdnr. 156; ders. in: Martinek/Stoffels/Wimmer-Leonhardt, a.a.O., § 62 Rdnr. 39 ff.). Denn nach dem Erschöpfungsgrundsatz hängt der urheberrechtliche Verbrauch des Verbreitungsrechts an einem „Vervielfältigungsstück“ (Kopie) eines Programms allein davon ab, ob der Rechtsinhaber dem (ersten) Inverkehrbringen durch Veräußerung zugestimmt hat. Auf die Art und Weise der weiteren Nutzung braucht sich die Zustimmung nicht zu erstrecken. Denn bereits mit der (ersten) durch ihn oder mit seiner Zustimmung erfolgten Veräußerung gibt der Berechtigte die Herrschaft über das Werkexemplar auf; es wird damit für jede Weiterverbreitung frei. Diese Freigabe dient dem Interesse der Verwerter und der Allgemeinheit, die in Verkehr gebrachten Werkstücke verkehrsfähig zu halten. Könnte der Rechtsinhaber, wenn er das Werkstück verkauft oder seine Zustimmung zur Veräußerung gegeben hat, noch in den weiteren Vertrieb des Werkstücks eingreifen, ihn untersagen oder von Bedingungen abhängig machen, so wäre dadurch der freie Warenverkehr in unerträglicher Weise behindert (vgl. grundlegend: EuGH NJW 2012, 2565 ff.; BGHZ 145, 7, juris Tz. 22, m.w.N.).“