OLG Karlsruhe: urheberrechtlicher Schutz eines Wohnhauses

Das Oberlandsgericht (OLG) Karlsruhe hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage auseinadersetzen müssen, ab wann der Planungsleistung ein urheberrechtlicher Schutz zukommt.

Das OLG Karlsruhe verneint die urheberrechtlichen Ansprüche des Planers bzw. dessen Arbeitgebers und führt aus:

„Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG sind geschützte Werke auch Werke der Baukunst, soweit sie persönlich geistige Schöpfungen sind (§ 2 Abs. 2 Urhebergesetz). Dabei sind Werke der Baukunst bereits als Entwürfe geschützt. Voraussetzung ist allerdings, dass die individuellen Züge, die das Bauwerk als persönlich geistige Schöpfung qualifizieren, bereits im Entwurf ihren Niederschlag gefunden haben (BGH GRUR 1979, 464, 465 – Flughafenpläne; GRUR 1982, 369, 379 – Allwetterbad; GRUR 1980, 853, 854 – Architektenwechsel; GRUR 1988, 533, 534 f. – Vorentwurf II). Auf die Art und Weise ihrer Darstellung im Entwurf, stellt die Klägerin zu Recht nicht ab. Maßgeblich ist daher die Schutzfähigkeit des im Plan dargestellten Bauwerks. Ist das auf den Plänen wiedergegebene und danach auszuführende Bauwerk schutzfähig, dann dürfen die Pläne nur mit Zustimmung des Urhebers ausgeführt werden (OLG Frankfurt ZUM 2007, 306, 307). Denn die Ausführung eines Baus durch einen Anderen nach den Entwürfen des Urhebers ist urheberrechtlich als Vervielfältigung i.S. des § 16 UrhG zu werten und bedarf daher dessen Zustimmung (BGH GRUR 1999, 230, 231 – Treppenhausgestaltung; BGHZ 24, 55, 69 – Ledigenheim; BGH GRUR 1985, 129, 131 – Elektrodenfabrik).

Die für eine persönlich geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordert, dass das Bauwerk nicht nur das Ergebnis eines rein handwerklichen oder routinemäßigen Schaffens darstellt, sondern dass es aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragt (BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; OLG Oldenburg GRUR-RR 2009, 6 – Blockhausbauweise; OLG Hamm ZUM 2006, 641, 644). Dies beurteilt sich nach dem ästhetischen Eindruck, den das Bauwerk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt (BGH GRUR 2008, 984, 986 – St. Gottfried; GRUR 1982, 107, 110 – Kirchen-Innenraumgestaltung; GRUR 1974, 675, 677 – Schulerweiterung). Werke der Baukunst können beispielsweise geprägt sein durch ihre Proportionen, Größe, Einbindung in das Gelände, die Umgebungsbebauung, Verteilung der Baumasse, konsequente Durchführung eines Motivs und Gliederung einzelner Bauteile wie der Fassade oder des Daches sowie dadurch, dass alle einzelnen Teile des Bauwerks so aufeinander bezogen sind, dass sie zu einer Einheit verschmelzen (vergl. die weiterführenden Hinweise auf Beispiele in der Rechtsprechung in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage § 2 Rn. 154). Bei der Beurteilung dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Die Bejahung einer persönlichen geistigen Schöpfung und der dafür notwendigen Individualität setzt aber voraus, dass die Lösung über die Bewältigung einer fachgebundenen technischen Aufgabe durch Anwendung der einschlägigen technischen Lösungsmittel hinausgeht (OLG Karlsruhe GRUR 1985, 534, 535 – Architektenplanung). Gestaltungen, die durch den Gebrauchszweck vorgegeben sind, können die Schutzfähigkeit nicht begründen; in der Verwendung allgemein bekannter, gemeinfreier Gestaltungselemente kann nur dann eine schutzfähige Leistung liegen, wenn durch sie eine besondere eigenschöpferische Wirkung und Gestaltung erzielt wird (BGH GRUR 1989, 416, 417 – Bauaußenkante; GRUR 1988, 690, 692 – Kristallfiguren). Dabei wird eine aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragende und damit urheberrechtlich schutzfähige Gestaltung bei Repräsentativbauten wie etwa Schlössern, Museen, Theatern, Regierungsgebäuden, Unternehmenszentralen oder Denkmälern eher zu finden seien, als bei reinen Zweckbauten (vgl. Schricker/Loewenheim aaO Rn. 155). Übliche Wohnhäuser und vergleichbare Zweckbauten sind daher regelmäßig nicht schutzfähig (vergleiche OLG Oldenburg GRUR 1999, 6 – Blockhausbauweise; OLG München GRUR 1987, 290 – Wohnanlage; OLG Karlsruhe GRUR 1985, 534, 535 -Architektenplan). Etwas anderes gilt nur, wenn besondere gestalterische Elemente vorliegen, die über das vom Technisch-Konstruktiven oder vom Gebrauchszweck her Vorgegebene oder Übliche hinausgehen und die Individualität zum Ausdruck bringen (OLG Karlsruhe GRUR 1985, 534, 535 – Architektenplan).

Nach diesen Maßstäben, von denen auch das Landgericht ausgegangen ist, fehlt es an der erforderlichen Individualität.“