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PM: Erstes Abmahnopfer wehrt sich gerichtlich gegen die Massenabmahnung wegen Streaming

Pressemitteilung vom 11.12.2013 (English)

Essen/Potsdam

Erstes Abmahnopfer wehrt sich gerichtlich gegen Abmahnung der U+C Rechtsanwälte wegen Urheberrechtsverletzung durch angebliche Nutzung  des Streaming Portals redtube.com.

Rechtsanwalt Alexander Hufendiek erhebt negative Feststellungklage vor dem Amtsgericht Potsdam.

Im  Rahmen einer von den  U+C Rechtsanwälten aus Regensburg durchgeführten Abmahnwelle erhielten tausende Internet-Anschlussinhaber Abmahnungen, in denen den Anschlussinhabern vorgeworfen wurde, Urheberrechtsverstöße dadurch zu begehen, dass über ihren Anschluss urheberrechtlich geschützte Filme auf der Plattform redtube.com angesehen wurden.
Neben der Abgabe einer Unterlassungserklärung wird in den Abmahnungen ein Betrag in Höhe von 250,00 EUR gefordert.

Es gibt lediglich zahlreiche Spekulationen darüber, wie die Abmahner an die Daten der Betroffenen gelangt sind.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht Alexander Hufendiek aus Essen hat für einen seiner abgemahnten Mandanten nun negative Feststellungsklage vor dem Amtsgericht Potsdam erhoben.

Ziel der negativen Feststellungsklage ist es, gerichtlich feststellen zu lassen, dass der abgemahnte Anschlussinhaber die vorgeworfene Urheberrechtsverletzung nicht begangen hat. Außerdem soll grundsätzlich geklärt werden, wie die Abmahner an die Daten des Betroffenen gelangt sind.

Pressekontakt:
Rechtsanwalt Alexander Hufendiek
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Alfredstr. 68-72
45130 Essen
www.anka.eu

Facebook – Massenabmahnungen verjährt?

Die Revolutive Systems GmbH (ehemals Binary Services GmbH) aus Regenstauf hatte zwischen dem 08.08.2012 und 16.08.2012 nachweislich mindestens 180 Abmahnungen wegen Impressumsverstößen bei Facebook an zahlreiche IT-Unternehmer in ganz Deutschland verschickt und für ein großes Medienecho gesorgt.
Zwischenzeitlich dürfte bei den Massenabmahnungen in vielen Fällen Verjährung eingetreten sein. In diesem Beitrag beschreiben die Rechtsanwälte Alexander Hufendiek und Niklas Plutte, welche Rechtsfolgen eine Verjährung nach sich zieht. Betroffene erhalten darüber hinaus konkrete Handlungsempfehlungen zum weiteren Vorgehen.

Einrede der Verjährung

Zu Beginn ein Blick ins Gesetz: Gemäß § 11 UWG verjähren wettbewerbsrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten (§§ 8, 9 und 12 Abs. 1 Satz 2 UWG) in sechs Monaten.
Die Verjährungsfrist beginnt, wenn 1. der Anspruch entstanden ist und 2. der Abmahner von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Abgemahnten Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

Selbst wenn man nicht auf das Datum der Screenshots (Kenntnisnahme) abstellen wollte, die den Abmahnungen beigefügt waren, lief die Verjährungsfrist spätestens seit dem Datum der jeweiligen Abmahnung.
Da die letzten bekannten Abmahnungen auf den 16.08.2012 datieren, wären die behaupteten Ansprüche der Revolutive Systems GmbH also am 17.02.2013 verjährt.

Im Falle des Eintritts der Verjährung verfügt jeder Abgemahnte über eine Einrede, die bei Erhebung zum Erlöschen der gegnerischen Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten führt.
Mit Verjährungseintritt sind die Abmahnansprüche durch die Revolutive Systems GmbH nicht mehr durchsetzbar.
Auf die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit würde es dann ebenso wenig ankommen wie das den Abmahnern – zu Unrecht – stattgebende Urteil des LG Regensburg.

Verjährungshemmung?

Achtung: Voraussetzung für den Verjährungseintritt ist außerdem, dass im Sechs-Monats-Zeitraum keine Ereignisse eingetreten sind, die zu einer Verjährungshemmung geführt haben. Praktisch bedeutsam sind dabei vor allem die Klageerhebung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), die Zustellung eines Mahnbescheides (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, wobei nach § 167 BGB eine Beantragung des Mahnbescheides genügt, wenn die Zustellung „demnächst erfolgt“) und schwebende Verhandlungen mit der Gegenseite (§ 203 BGB).

Folge einer Verjährungshemmung ist die Verschiebung des Verjährungseintritts in die Zukunft, was faktisch zu Verlängerungen von mehreren Monaten führen kann.

KLAGE? MAHNBESCHEID? VERHANDLUNGEN?

Uns sind bislang lediglich zwei Verfahren bekannt, in denen die Revolutive Systems GmbH Ansprüche aus den Abmahnungen aktiv per Klage verfolgt. Das sind zugleich auch die Verfahren, in denen sich die Abgemahnten durch eigene Klagen gewehrt haben.

Mit Eintrag vom 14.02.2013 schreibt die Revolutive Systems GmbH auf ihrer Webseite, dass in der vergangenen Woche „eine Vielzahl von rechtlichen Schritten gegen unlautere Wettbewerber unternommen“ worden seien. Heute wurde daraufhin bekannt, dass einige Abgemahnte Mahnbescheide erhalten haben, in denen die Revolutive Systems GmbH die in den Abmahnschreiben genannten Abmahnkosten geltend macht.

Weitere von der Revolutive Systems GmbH eingereichte Unterlassungsklagen sind uns bislang jedoch nicht bekannt geworden. Sollte sich diese Annahme bewahrheiten, hätte die Revolutive Systems GmbH ihre Unterlassungsansprüche überwiegend nicht gerichtlich verfolgt, was in der Rechtsprechung als Indiz für rechtsmissbräuchliches Handeln gewertet werden kann (vgl. LG München I, Urteil vom 10.08.2010, Az. 11 HK O 11365/10; LG Bochum, Urteil vom 12.01.2012, Az. I-14 O 189/11).

HANDLUNGSEMPFEHLUNG

Sie wollen eigentlich nur Ihre Ruhe? Kein Problem, als Abgemahnter müssen Sie nicht zwingend aktiv werden. Die Einrede der Verjährung könnte ggf. auch erst im Rahmen einer gegen Sie gerichteten Klage erhoben werden. Abgemahnte trifft also keine Handlungspflicht, sie können beruhigt abwarten.

Wir empfehlen allerdings, dass Sie die Revolutive Systems GmbH zumindest schriftlich unter angemessener Fristsetzung zum sofortigen, dauerhaften und endgültigen Verzicht auf alle Ansprüche aus der Ihnen zugesandten Abmahnung auffordern.

Sollten Sie bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben, aber die Abmahnkosten nicht gezahlt haben, empfehlen wir Ihnen, die Revolutive Systems GmbH unter Fristsetzung aufzufordern, zumindest auf die geltend gemachten Abmahnkosten zu verzichten.

Für den Fall, dass Sie einen Mahnbescheid erhalten haben, aber keine Klage, mit der die Revolutive Systems GmbH die Unterlassungsansprüche verfolgt, sollten Sie die Revolutive Systems GmbH auffordern, auf die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu verzichten.

Erklärt die Revolutive GmbH diesen Verzicht nicht, raten wir den Abgemahnten, sich anwaltlich beraten zu lassen und die Erhebung einer negativen Feststellungsklage sehr ernsthaft in Betracht zu ziehen.

Für den Fall, dass die Revolutive Systems GmbH in Ihrem Fall einen Mahnbescheid beantragt oder eine Klage eingereicht hat, sollten sie die Erfolgsaussichten einer Verteidigung durch Ihren Rechtsanwalt prüfen lassen.
gez. Rechtsanwalt Alexander Hufendiek (Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Fachanwalt für Informationstechnologierecht), Impressum und Rechtsanwalt Niklas Plutte (Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz), Impressum.

Haftungsausschluss: Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag lediglich zur Information und als Hilfestellung dienen soll, keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und eine anwaltliche Beratung in Ihrem speziellen Fall nicht ersetzen kann.

OLG Karlsruhe: Vertragsstrafe nach vorheriger Urheberrechtsverletzung durch Lichbildnutzung

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in einem aktuellen Urteil OLG Karlsruhe Urteil vom 3.12.2012, 6 U 92/11 entschieden, dass es nach Abgabe einer Unterlassungserklärung nicht ausreicht, den Link auf eine rechtsverletzenden Datei entfernt.

Das Gericht hat zu der Entscheidung einen eigenen Leitsatz wie folgt formuliert:

„Verspricht ein Schuldner einem Gläubiger nach einem Verstoß gegen § 19 a UrhG, das Lichtbild nicht (mehr) öffentlich zugänglich zu machen, verwirkt er die Vertragsstrafe, wenn er das Lichtbild weiterhin unter derselben URL-Adresse abrufbar bereithält und lediglich den Link zwischen redaktionellem Beitrag und Lichtbild löscht.“

In dem Urteil heißt es:

„Aufgrund der von der Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärung war diese verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass das betreffende Lichtbild nicht mehr über ihre Website oder die von ihr verwendete URL öffentlich zugänglich war. Ein Zugänglichmachen in diesem Sinn wird jedenfalls unter den im Streitfall gegebenen Umständen nicht dadurch objektiv ausgeschlossen, dass die URL so aufwendig ausgestaltet ist, dass sie als Sicherheitscode kaum überwunden werden könnte. Für den Streitfall ist entscheidend, dass es Dritten dann, wenn – wie im Streitfall – eine Verlinkung mit einer Website bestanden hat, möglich bleibt, das im Internet zugängliche streitgegenständliche Lichtbild auch ohne genaue Kenntnis der URL aufzufinden. Das ermöglichen insbesondere auf den Rechnern Dritter gespeicherte URLs, welche die Nutzer unmittelbar auf die noch vorhandene Datei führen (ebenso OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 383 juris-Rn. 33).

Diesen Anforderungen des Unterlassungsversprechens wird die Änderung der Beklagten an ihrer Homepage nicht gerecht. Die Beklagte hat das Lichtbild weiterhin unter der oben genannten URL in einem Unterverzeichnis ihrer Domain www…de abgespeichert. Sie hat lediglich den Link zu dem redaktionellen Beitrag, in dessen Zusammenhang das Lichtbild Verwendung gefunden hatte, gelöscht. Damit konnte jeder, der im Rahmen der Wahrnehmung des redaktionellen Beitrags die URL-Adresse des Lichtbildes festgehalten hatte, auch nach der Entfernung des Links das Lichtbild unter Eingabe der URL-Adresse in den Browser von der Homepage der Beklagten aufrufen. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es dabei nicht darauf an, dass es unwahrscheinlich ist, dass jemand diese URL-Adresse vermerkt, um später darauf zurückgreifen zu können. Anders als die Beklagte darstellen will, ist die Kenntnis der URL-Adresse des Lichtbildes nicht dem Kläger vorbehalten, sondern diese hatte jeder Nutzer der Homepage festhalten können. Entsprechend hat der Senat auch bereits mit Urteil v. 12.09.2012 (6 U 58/11, veröffentlicht in juris) in einem solchen Fall ein öffentliches Zugänglichmachen i.S. des dortigen Vertragsstrafeversprechens angenommen. Die Beklagte hat den Zugriff auf das Lichtbild auch nicht durch technische Vorkehrungen gegen das Anzeigen verhindert. Angesichts der Beibehaltung der URL-Adresse ist es unerheblich, dass das Lichtbild nach der Entfernung aus dem redaktionellen Beitrag nicht mehr von Suchmaschinen hat aufgefunden werden können.“