Bundesgerichtshof zur Auslegung einer Patentschrift
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 13.10.2015 AZ:X ZR 74/14 eine Entscheidung in einer patentrechtlichen Auseinandersetzung getroffen und dabei die Auslegung einer Patentschrift thematisiert.
Der Bundesgerichtshof entschied über von der ausschließlichen Lizenznehmerin geltend gemachte Ansprüche auf Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf, Entfernung aus den Vertriebswegen, Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten und Feststellung der Schadensersatzpflicht.
In diesem Zusammenhang erklärte der Bundesgerichtshof erneut die Auslegung einer Patentschrift.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist für die Auslegung eines Patents nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bedeutung der im Patentanspruch verwendeten Begriffe maßgeblich, sondern deren technischer Sinn, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv aus dem Patent ergeben, zu bestimmen ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 12. November 1974 – X ZR 76/68, GRUR 1975, 422, 424 – Streckwalze; Urteil vom 2. März 1999 – X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 912 – Spannschraube). Maßgeblich sind dabei der Sinngehalt eines Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. April 2007 – X ZR 72/05, BGHZ 172, 88 = GRUR 2007, 778 Rn. 14 – Ziehmaschinenzugeinheit I). Aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs ist abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juli 2012 – X ZR 113/11, GRUR 2012, 1122 Rn. 22 – Palettenbehälter III).
Der amtliche Leitsatz der Entscheidung des BGH lautet:
Werden in einer Patentschrift zwei sich nur graduell unterscheidende Maßnahmen (hier: Blockieren und Drosseln eines Luftstroms) ohne nähere Differenzierung als Ausgangspunkt für eine im Stand der Technik auftretende Schwierigkeit benannt, so kann aus dem Umstand, dass im Patentanspruch nur die stärker wirkende Maßnahme (hier: Blockieren) erwähnt ist, nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass die schwächer wirkende Maßnahme zur Verwirklichung der geschützten Lehre nicht ausreicht.